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Welchen Experten soll er denn fragen – den Papst?

Vor etlichen Jahren, in einem Grundkurs Journalistik, gab es zwei Kommentare: einen vom Dozenten selbst zum Thema „Gemeinsame Rechtfertigungserklärung“ und einen zweiten von Peter Scholl Latour in der BILD Zeitung zum Wahlausgang in Frankreich. Die meisten Seminarteilnahmer haben damals den Komentar vom Seminarleiter über den Klee gelobt und den Kommentar von Scholl-Latour zerissen. Völlig zu Unrecht meiner Meinung nach, es ging hier nur um Arschkriecherei. Der Kommentar zum GER gehört zu dem dümmsten, was ich hierzu damals gelesen habe und Scholl Latour hat mit seiner Einschätzung schlicht Recht behalten.

Der Einwand, der mich am meisten geärgert hat, war, warum Scholl Latour keinen Experten gefragt hat, schliesslich ist er ja wohl kein Frankreich Experte. Ich könnte mich nach (fast) zwanzig Jahren immer noch tierisch hierüber aufregen: Scholl Latour ist der (bzw. war) damals wahrscheinlich der journalistische Frankreichexperte. Scholl Latour als einer der besten Politikjournalisten überhaupt, der dazu seit Jahren damals in Paris wohnte, soll jemand um seine Expertise fragen. Für einen Kommentar. Einen Expertenkommentar?

Ähnliche Gefühle beschleichen mich in letzter Zeit, wenn ich durch Presse und soziale Medien stöbere. Da werden die Äußerungen von promovierten und teilweise habilitierten Wissenschaftlern als falsch abgetan mit dem verweis auf sog. Experten. Die Stärke dieser Experten hierbei ist, dass sie normalerweise ihrer Sache absolut sicher sind – das ist aber natürlich eigentlich das, was diese Personen und ihre Positionen schwach macht: ein echter Wissenschaftler weiß, das was er heute sagt morgen bereits durch neue Erkentnisse überholt sein kann. Das ändert aber nichts adaran, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dies Stand der Erkenntnislage gewesen ist.

Es werden aber nicht nur aktuelle wissenschaftliche (Zwischen-)Erkenntnisse in Zweifel gezogen. Ich bin selbst weder Arzt noch sonst Wissenschaftler. Ich bin aber im Glauben und der Überzeugung groß gezogen worden, dass Impfen eine der wichtigsten und tollsten medizinischen Errungenschaften überhaupt ist. Nur die Möglichkeit Schmerzen zu lindern ist vielleicht noch wichtiger oder genauso wichtig. Wenn ich jetzt viler Orts lese, wie viel besser Vitamin C sein soll als eine Impfung, wenn ich lese wie gefährlich Impfungen gegen Covid im Speziellen und überhaupt im Allgemeinen sein sollen, dann frage ich mich doch, wie blöd ist die Menschheit eigentlich durchschnittlich und bei Tageslicht betrachtete?

„Die Staatsmedien lügen“, heißt es von vielen Seiten. Dabei gibt es in den Ländern, aus denen diese Rufe kommen, gar keine Staatsmedien, sondern unabhängige Presse. Leider hat diese Presse im vergangegen Jahr ein wenig zu sehr und zu lange in den Krisenmodus geschaltet und oftmals nicht intensiv genug nachgefragt und kritisiert. Auch hier haben sich wahrscheinlich die Bilder aus Regionen, in denen Corona mit voller Härte zugeschlagen hat, so eingeprägt, dass alle Massnahmen, die getroffen wurden, besser waren oder schienen, als keine Massnahmen zu treffen. Trotzdem ist es nicht so, dass Presse und Rundfunk nur Sprachrohr der Regierungen waren, egal ob hier in den Niederlanden oder in Deutschland oder anderen funktionierenden Rechtsstaaten.

Wenn in den Niederlanden ein Politiker offen ausspricht, dass Richter nicht mehr das letzte Wort haben sollen, sondern da Volk und dieser Politiker auch noch die Nürnberger Prozesse als rechtlich bedanlich einordnet, dann fragt man sich auch, warum kann so jemand Wählerstimmen gewinnen? Sind die Menschen wirklich so blöd? Der gleiche Politiker möchte auch alle Vorsorgemassnahmen abschaffen, spricht sich offen gegen Impfungen aus und nennt Corona eine Grippe. Furchtbar, wieviele Menschen diesem Mann folgen. Ja, die sind so blöd. Und er selbst? Ich bin nicht sicher, ob er das selber glaubt. Würde mich nicht wundern, wenn er sich heimlich hat impfen lassen. Ich halte ihn nämlich nicht für dumm, sondern für skrupelos und durch und durch schlecht. Selbst das Göldlöckchen wird einem da ja fast…. nee.

Experten fragen – aber welche? Wenn ich etwas über Brot wissen will, frage ich einen Bäcker. Wenn ich etwas über Schuhe wissen will, einen Schuster. Über Tauchausrüstung? Robin. Über Schwangerschaften? Meine Schwester (Hebamme!). Na? Muster deutlich? Wenn ich also etwas über die Bekämpfung eines Virus wissen will, dann frage ich keinen hasspredigenden Politiker. Ich will, dass Virologen, Epidemiologen und Ärzte hier das erste Wort haben. Was man dann mit diesen Erkenntissen macht, das muss man wirklich den Menschen überlassen, die hierfür gewählt worden sind und bereit sind, diese Verantwortung auch zu übernehmen. Machen diese Menschen – neben allen halb legalen Verfehlungen wie „Maskendeals“ – Fehler? Ja. Ohne Ende. Würde jemand anders keine machen? Nein.

Beim Text von Scholl Latour damals ging es übrigens um den Erfolg im ersten Wahlgang von Le Pen – nicht der Tochter, sondern damals noch des Vaters. Er hat Recht behalten, dass im zweiten Wahlgang die Vernunft gesiegt hat und nicht Le Pen als Gewinner dastand. Was hätte er wohl zu Trump, Brexit, Johnson und Blödot gesagt? Ich hoffe er hätte gesagt, dass das auch nicht von Dauer ist und es wäre schön, er hätte damit wieder Recht behalten.


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