Verlorenes Vertrauen
Dem Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Olaf Scholz, wurde gestern das Vertrauen nicht ausgesprochen. Die Vertrauensfrage wurde, wie erwartet, nicht gewonnen.
Niederlage als Ziel, um die Verfassung zu gebrauchen, um den Bundespräsidenten zu zwingen, über eine Auflösung des Bundestages nachzudenken. Von Erleichterung wurde in den Reden gesprochen, von einem Neuanfang für das Land, eine Chance, Zukunft und bla bla. Zumindest eine Stimme gab es, die aber auch klar benannt hat, dass dies eben kein guter Moment in der jüngeren politischen Geschichte ist.
Robert Habeck, Bundeswirtschaftsminister, Vizekanzler und Kanzlerkandidat der Grünen, hat sehr richtig darauf aufmerksam gemacht, dass es eigentlich ein Versagen der Politik ist, das das gestern formalisiert wurde.
Die Verfasser des Grundgesetzes (GG) haben die Latte recht hoch gelegt, wenn es um die Auflösung des deutschen Bundestages geht. Schließlich sitzt dort der Wille des Volkes und das Volk hat nun einmal recht 4 Jahre vertreten zu werden und nicht nur gut 3. Das GG sieht die Vertrauensfrage eigentlich auch in einem positiven Sinne vor, dahingehende, dass der Bundestag dem Bundeskanzler das Vertrauen aussprechen sollte und eben nicht aus wahltaktischen Gründen entziehen. Die Regierung bleibt glücklicherweise im Amt, bis zur Wahl des neuen Bundestages eigentlich sogar mehr als nur geschäftsführend. Bis zur Wahl des neuen Bundeskanzlers ist Olaf Scholz im Amt. Es gibt kein Machtvakuum, sondern Kontinuität.
Theoretisch könnte jetzt der Bundespräsident noch die Auflösung verweigern, aber da das Ganze vorher bereits besprochen wurde und jetzt mit den Fraktionsvorsitzenden noch einmal besprochen wird, steht einer Auflösung des Bundestages und vorgezogenen Neuwahlen (die damit ja immer im Februar stattfinden – bis zu einer erneuten Auflösung des BT) wenig im Weg.
Es ist trotzdem eigentlich ein trauriges Spiel, dass sich aus den Parteien, so wie sie jetzt vertreten sind, keine neue Regierung bildet oder die jetzige Minderheitsregierung keine Unterstützung findet. Was, wenn der BT aus Versehen genauso wieder gewählt wird, wie er derzeit beieinander sitzt (mit Ausnahme der knapp 100 Sitze weniger, dank Reform)? Dann bleibt die jetzige Regierung so lange geschäftsführend, bis eben doch etwas Neues kommt. Kontinuität!
Wen ich dieses Mal wähle? Also erst einmal muss ich an Wahlunterlagen kommen, das ist aus dem Ausland gar nicht so einfach. Aber dann geht meine Stimme ganz sicher an Robert Habeck und die Grünen.
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