Picard – bedingt sehenswert
Ich bin Science Fiction Fan. Schon immer. Angefangen mit Jules Verne Büchern, Star Wars Poster hingen bei meinen Freunden an den Wänden (ich durfte das nicht, also gar keine Poster, hatte eine schwere Kindheit), E.T. kam in die Kinos als ich 5 war (durfte ich auch nicht, nicht allein weil ich mit meinen Eltern nie im Kino war, sondern auch, weil meine Freunde alle älter waren und es gut fanden, dass sie rein durften und ich noch nicht) und Enterprise lief im Fernsehen.
Enterprise, bzw. Star Trek Classic, war der Inbegriff von Science Fiction (Raumschiff Orion war irgendwie nie bei mir auf dem Schirm, auf keinem). Technik, fremde Welten und Aliens! Fremde Lebensformen, die eigentlich doch alle mit den gleichen Vaterkomplexen, Liebesproblemen und anderen existentiellen Sorgen zu tun hatten. Als Jahre später TNG raus kam, konnte ich es kaum erwarten, bis endlich die erste Folge – Mission Farpoint – im ZDF lief. Damals noch mit Werbeunterbrechung und direkt ein Zweiteiler, bei dem man eine Woche auf die Auflösung warten musste. Was war das ein Ereignis: ein Klingone auf der Brücke, Pille als Brückenbauer zur Classic Serie, blaue Köpfe und natürlich Data, neben Spock die beeindruckendste Figur, die Roddenberry je geschaffen hat (auch wenn er natürlich bei Pinocchio geklaut hat). Immer spielten Raumschiffe, Technik und neue Welten eine Rolle. Der nächste Ableger, DS9, hatte da ein bisschen mehr Probleme das Publikum zu binden, denn alles spielte sich nun auf einer Station ab und das Element der Reise und des Entdeckens sind weitestgehend weg gefallen. Später hat die Station ein Raumschiffchen bekommen, um dieses Manko zu begleichen. Voyager wieder war nicht nur auf Reise, sondern irgendwie auch schiffbrüchig, weit, weit weg. 7of9 und Nelix (JarJarBinx im Star Trek Universum?) waren die besten Figuren, neben Janeway natuerlich. Picard war mir immer etwas zu perfekt. Kaum echte Kanten oder Abgründe. Zu salomonisch. Nicht echt.
Trotzdem ist die Serie – mittlerweile in der 2ten Staffel – Picard Pflicht als Trekkie. So richtig warm werde ich damit aber nicht. Die Serie hat ausgezeichnete Figuren: Seven, Rios (Star Trek Han Solo?), Jurati und Riker (in der ersten Staffel). Die Auftritte von Whoopie Goldberg und John da Lancie in ihren ikonischen Star Trek Paraderollen haben einen gewissen Wow-Faktor (Young Guinan bringt’s nur bedingt). Unnötig und fast peinlich hingegen: Brent Spiner und Patrick Stewart. Die namensgebende Hauptfigur Picard liefert wenig bis gar nichts um die Geschichte wirklich voranzutreiben. Hier ist zu viel Professor X zu sehen und zu wenig Picard. Auch die Person, die beschützt werden soll, Rene Picard, ist blas und hat als Hauptmerkmal nur einen Nachnamen. Ganz anders als ein Zefram Cochrane. In First Contact wurde ein Denkmal hinterfragt. Als Mensch dargestellt, mit all seinen Fehlern und Zweifeln. Und auch hier waren es die Bork, die überhaupt die Situation ausgelöst haben.
Das Psychogramm der zweiten Staffel von Picard vom Hauptprotagonisten hingegen ist langweilig und durchsichtig. Auch sind Bork und Q, die in die Vergangenheit eingreifen, keine neue Idee und auch nicht originell aufgearbeitet. Viel Psychologie, Liebesdrama und Nostalgie (niemand braucht Wesley und dazu dann klassische Star Trek Musik). Was zu kurz kommt: Science Fiction. Keine neuen Spezies. Keine neue Technologie. Alles bekannt und zum Teil Alltagstechnologie im Jahr 2022. Das bisschen Technologie, das eine Rolle spielte: kaum bis gar nicht erläutert. Alles nur Andeutungen, so wie am Ende auch die Verbindung hin zum Kirk Überfeind Khan. Die Idee zum Schluss, dass die Bork der Föderation (irgendwie) beitreten könnten ist natürlich eine interessante Wandlung, aber wenn man bedenkt, dass Star Trek schon immer auch politisch war, doch eine Utopie zu weit.
Zurück zu Picard: Figur stört er eine Serie, die eigentlich das Potential für eine richtig gute Science Fiction Serie gehabt hätte. Mal sehen, ob die dritte Staffel mehr wird, als Nostalgie mit alten und gealterten Bekannten.
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