„In Thüringen fressen sie ab heute kleine Kinder“
…habe ich bei der Einführung von Bodo Ramelow als Ministerpräsident von Thrüringen vor knapp fünf Jahren zu meiner Frau gesagt. Wir waren gerade beim Tischdecken und unser Ältester hat zugehört. Ich habe den Satz eigentlich als ironische Bemerkung gemeint, denn von Bodo Ramelow habe ich eigentlich damals bereits nichts anderes erwartet, als was er dann fünf Jahre lang gemacht hat: solide, demokratische Regierungsarbeit.
Bei meinem Sohn ist die Ironie dessen aber leider abhanden gekommen: ein paar Wochen später haben wir einen Reiseprospekt im Briefkasten gehabt und uns über Urlaub unterhalten. Eine Reise nach Thrüringen war da unter anderem drin und wie wir das Wort Thrüingen erwähnten sagte mein Sohn spontan: „Da will ich nict hin.“ Warum nicht haben wir ihn gefragt, denn die Szene von ein paar Wochen vorher war uns nicht mehrim Gedächtnis. „Weil die dort kleine Kinder fressen und ich will nicht gefressen werden“, antwortete unser Sprössling ehrlich und besorgt.
MIttlerweile versteht er etwas mehr Ironie (ansonsten hätte er bei mir zu Hause auch eher schlechte Karten) und Thüringen ist für ihn nicht mehr das Land der Kannibalen.
Anders scheint es bei der CDU zu sein, die nach der gestrigen erneuten Wahlschlappe (über „meine“ SPD rede ich gar nicht mehr) noch immer nicht verstanden hat, dass 30 Jahre nach dem Mauerfall, einer Durchmischung der ehemaligen SED/PDS/Linken und einer kompletten Legislaturperiode ohne (!) echte Skandale die Linkspartei in Regierungsverantwortung einen immerhin so guten Job gemacht hat, dass der Wähler sie mit extra Stimmen belohnt hat. Ramelow hat weder (wie ich das bei der Welt gelesen habe) die Stasi wieder eingeführt noch andere utopische Dinge umgesetzt, die man durchaus auch zu Recht mit der Linkspartie in Verbindung bringt.
Der Abwehrreflex der CDU gegen die Linke scheint sogar stärker zu sein, als das sorgsam einsturdierte Mantra gegen die AfD. Zu beiden Seiten haben sich mittlerweile Stimmen gefunden. Erschreckender, aber leider nicht überraschend, ist dabei, dass es wirklich CDU Politiker gibt, die ernsthaft eine Koalition mit der AfD anstreben würden. 1930er lassen grüßen, die Steigbügelhalter stehen auch hier wieder bereit.
Was die Meinung der CDU über die Kanibalen, sorry – die Linke angeht, sollte die CDU zumindest in Thüringen einmal nachdenken, ob hier alte Tabus nicht überholt sind. Niemand in führender Position der Linkspartei bestreitet, dass die DDR kein Rechtsstaat war, aber die Weigerung allein den eigentlich für das NS Regime gebrauchte Wort Unrechtsstaat zu verwenden, sollte nicht alleiniges Ausschlußkriterium sein.
Die Wahrheite ist wahrscheinlich, dass sich viele in de CDU (und CSU) ohnehin der AfD näher fühlen als der Linken und das man aus Baden-Württemberg gelernt hat, dass man als Juniorpartner eines erfolgreichen Ministerpräsidenten eben nicht für Umschwung Wahlkampf machen kann und einen guten MP ablösen kann mit der mittelschlechten Besetzung, die CDU/CSU mittlerweile nur noch haben.
In Thüringen waren wir immer noch nicht, wir fahren lieber in die Pfalz. Ich hoffe, dass Malu Dreyer noch lange MP dort sein kann und die SPD in der Zeit bis zur nächsten Wahl etwas besser aufgestellt ist.
Discover more from Ulrich N. Fuchs
Subscribe to get the latest posts sent to your email.