
Traditionen – alle Jahre wieder
Frueher gehoerte eine Sache ganz fest sowohl zu Weihnachten als auch zu meinem Geburstag: Mon Cherie – die mit der Piemontkirsche. Neben Weinbrandbohnen waren Mon Cheries die erste Begegnung mit Alkohol als Kind, sieht man vom Eierlikoer auf dem Sonntagseis bei Oma einmal ab. Spaeter erst entdeckte ich die anderen beiden Teilnehmer der Ferrero Dreieinigkeit, also Kuss und Nuss und noch viel spater kamen noch ganz andere dazu.
Jahrelang war das dann nicht mehr so, sei es, weil meine Oma nicht mehr lebt, von der ich diesen Schnapseinstoeg erhalten habe oder weil es in den Jahren vorher vergessen wurde. Gestern war es dann mal wieder so weit: ich hatte Geburtstag und hatte mir vorher eine Packung Mon Cherie aus Deutschland mitgebracht. Beim Kauf hatte ich zwar nicht unbedingt an meinen Geburtstag gedacht, sondern mehr daran, dass es eine Sonderedition ist, die ich unbedingt ausprobieren will, aber immerhin.
Die Packung ist fast leer, was dafuer spricht, dass es doch mehr als die zwei Mon Cherie Packungen geben muss, die angeblich seit den 80er Jahren immer wieder nur hin und her verschenkt werden, ohne je gegessen zu werden. Trotzdem ist das als Tradition etwas, dass nicht wirklich sein muss. Naechstes Jahr keine neue Packung Mon Cherie. Und am besten lassen wir den Rest auch, ausser dem extra Urlaubstag, den ich von meinem Arbeitgeber bekommen habe. Ansonten: sehr deprimierend, wer noch an einen denkt, wenn man kein Facebook mehr hat (noch weniger als wenn man Facebook hat und den Geburtstag nicht sichtbar macht). Ich verstehe ein wenig die Selbstinszenierung, die manche auf den und ausserhalb der sozialen Medien betreiben, um auf sich aufmerksam zu machen und den eigenen Geburtstag mit Sirenen und Fanfaren Tage vorher anzukuendigen. Ob diese Leute selbst noch einen Paierkalendar haben mit Geburtstagen oder sogar welche aus dem Kopf kennen? Eine Person (ausser den naechsten Verwandten – und auch davon nur wenige) hat an mich gedacht und mich in ihrem Kalendar stehen – oder weiss das Datum sogar auswendig – und hat mich gefunden, um mir gratulieren zu koennen.
Ich hatte den ketzerischen Gedanken in vier Jahren meinen 50ten vielleicht in einer Jugendherberge mit Famile und Freunden zu feiern – den Gedanken stampfe ich aber doch wieder ein: mit den Menschen, die ich einladen wuerde, bekomme ich garantiert keinen Gruppenpreis. 5 Tage New York waeren da doch eine bessere Option, ohne Kinder.
Oder einfach eine Tradition fortsetzen und meinen Geburtstag so begehen, wie in den letzten Jahren eigentlich immer: wie einen ganz normalen Tag, der manchmal halt ueber die Asuwahl eines Impfstoffs entschedeidet oder wie lange es noch bis zur Rente dauert.
Darauf ein (vorlaeufig letztes) Mon Cherie!

